Geschichte bis 1945

Anfang des 18. Jahrhunderts war der Potsdamer Platz nichts weiter als ein fünfeckiger Verkehrsknotenpunkt an der alten Reichsstraße 1, die Ostpreußen mit dem Rheinland verband. In den Jahren 1823 und 1824 wurde das zwischen Potsdamer und Leipziger Platz liegende Stadttor Richtung Potsdam (Leipziger Tor oder auch Potsdamer Tor genannt) von dem königlichen Baumeister Karl Friedrich Schinkel ausgebaut. Die von ihm gestalteten Torhäuschen (die so genannten Schinkel) des Neuen Potsdamer Thores wurden auch nach dem Abriss der Akzisemauer 1867 beibehalten und prägten mit ihrer klassizistischen Architektur den Platz bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Durch die Errichtung des Potsdamer Fernbahnhofs im Jahr 1838 wandelte sich der Charakter des nahe des alten Berliner Zentrums gelegenen Platzes Zug um Zug zu einem großstädtischen Umschlagplatz für Menschen und Waren. 1902 kam der westliche Endpunkt von Berlins erster U-Bahn-Linie hinzu. In rascher Folge entstanden Hotels und Gastronomiebetriebe: das „Grand-Hotel Bellevue“, das „Palast Hotel“, der „Fürstenhof“, das „Pschorr-Bräu“, der Literaten- und Künstler-Treffpunkt „Café Josty“. An der Ecke Stresemannstraße /Köthener Straße wurde 1911/12 von dem Architekten Franz Schwechten das für die damalige Zeit gewaltige, sechsstöckige „Haus Potsdam“ errichtet, eine Mischung aus Vergnügungspalast und Verwaltungshochhaus. 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, wurde es in „Haus Vaterland“ und das darin gelegene „Café Picadilly“ in „Café Vaterland“ umbenannt und avancierte später, geleitet von der Ufa und danach von der Gastronomenfamilie Kempinski, in den 1920er Jahren zu Deutschlands größtem Amüsierpalast. Ein weiteres bekanntes Gebäude am Potsdamer Platz war das Vox-Haus. Es wurde nach dem Ersten Weltkrieg zum Funkhaus umgebaut und war 1923 die Geburtsstätte des deutschen Rundfunks.

Als zentrumsnaher Dreh- und Angelpunkt entwickelte sich die Gegend um den Potsdamer Platz auch zu einem großstädtischen Amüsierviertel. Während hier tagsüber Angestellte, Sekretärinnen, Geschäftsleute und Touristen flanierten, bestimmten nachts Amüsierwillige, Varietébesucher und Prostituierte das Bild. Obwohl die Ausübung der Prostitution im kaiserlichen Berlin strengstens untersagt war, entstand seit Beginn des 20. Jahrhunderts rund um den Platz ein veritables Rotlichtmilieu. Verewigt wurde diese Seite des Potsdamer Platzes durch ein bekanntes Gemälde des expressionistischen Künstlers Ernst Ludwig Kirchner („Potsdamer Platz, 1914“), das zwei mondän gekleidete Frauen sowie eine Reihe weiterer Personen vor einem Nachtleben-Hintergrund inszeniert.

Geprägt wurde das Bild des Platzes schließlich auch durch eine weitere Neuerung. Aufgrund des großen Verkehrsaufkommens ließ die Berliner Stadtverwaltung 1924 in der Mitte des Platzes einen Signalturm mit einer Ampel erstellen – die erste Ampel Deutschlands war geboren. Technologisch galten Ampeln Mitte der 1930er zwar für überholt. Aufgrund seines Reizes als Fotomotiv blieb der Ampelturm jedoch bis zum Ende der Olympischen Spiele 1936 stehen und wurde erst nach deren Ende demontiert. Komplettiert wurde die Reihe moderner, ambitionierter Gebäude rund um den pulsierenden Verkehrsknotenpunkt mit dem 1931/32 nach den Entwürfen von Erich Mendelssohn erbauten Columbushaus.

Als er vom Fenster seiner Wohnung am Brandenburger Tor, vom Potsdamer Platz kommend, den Fackelaufmarsch anlässlich der Machtergreifung Hitlers sah, soll Liebermann gesagt haben: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“

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